Ganz abseits von Religion und Glauben haben sich in unsere Sprache, in die Art und Weise wie wir über Dinge nachdenken, uralte Symbole und Rituale tief eingeschrieben.
In vielen Religionen und Kulturen treffen wir auf Bilder des Wandels, der Veränderungen, der Übertritte, von der christlichen Wiederauferstehung zu Ostern, bis hin zu wesentlich älteren Mythen wie dem Phoenix aus der Asche. Oft bedienen wir uns genau dieser Bilder, wenn wir in Unternehmen oder im persönlichen Leben über Veränderungen, über den sogenannten Change nachdenken.
Feuer und Asche
Asche wird zumeist mit dem verloschenen Feuer in Verbindung gebracht, dem Ende der Wärme, einer Niederlage. Sie steht für Trauer und Buße, ist Teil der Vanitas, der Vergänglichkeit, dem vergehenden Feuer, an dem sich die Alten wärmen.
In Ihrem Artikel „Wie Phönix aus der Asche” in der Süddeutschen Zeitung fragt Katharina Wetzel:
… Warum können manche Menschen mit widrigen Umständen umgehen und andere zerbrechen daran? Das Phänomen der Resilienz beschäftigt nicht nur Psychologen und Soziologen. Auch in der Wirtschaft findet es immer mehr Bedeutung. Schließlich kann es auch in einer von Börsenschocks und Cyber-Risiken geplagten Welt für Firmen, Konzerne und Finanzinstitute von Vorteil sein, wenn sie Krisen leichter überwinden und daraus sogar gestärkt hervorgehen können….
Im selben Artikel stellt Usche Merk zum Thema Resilienz kritisch fest,
… „Resilienz hat sich zum Allheilmittel gegen alle Bedrohungen entwickelt“… Dabei könnten die Lösungsansätze nicht immer helfen, und oft am wenigsten den Betroffenen selbst. …
… Merk nennt das Beispiel von Bauern in Überschwemmungsgebieten von Bangladesch, die nun statt Hühnern Enten züchten sollen. Wenn auch die Maßnahme vorsorglich richtig sein mag, so sei das zentrale Problem des Klimawandels damit noch nicht gelöst.
„Die Gefahr besteht, dass die Krise selbst nicht mehr in den Blick genommen wird, da im Vordergrund steht, wie sich der Mensch anpassen kann“, sagt Merk, …
Anpassung oder Fortschritt?
Dem “Du musst Dich verändern, wir müssen uns einer Zukunft anpassen!” steht dabei das “Wie wollen wir die Zukunft gestalten?” gegenüber: Change versus Fortschritt.
Entsprechend lässt sich unser Bild, unsere Deutung von Asche auch anders betrachten, einerseits positiv rückblickend auf das, was verzehrt – konsumiert – wurde. Andererseits kann, ja muss aus Asche Neues entstehen. Phönix erhebt sich aus der Asche, gereinigt und mit erneuerter Kraft. Wichtig ist zu erkennen, dass die Niederlage nur eine scheinbare ist, denn Kraft entsteht, wenn es gelingt aus Fehlern zu lernen.
Man geht durchs Feuer und tritt gereinigt in ein neues Leben, in die Zukunft. Alles Störende, Unnötige, Falsche ist zu Asche zerfallen und eine neue Saat keimt auf. Dem Verbrannten nachzutrauern lohnt nicht, es gilt das Feuer und nicht die Asche aufzubewahren.
“Wie Phoenix aus der Asche” sollte uns nicht die Notwendigkeit passiver Resilienz suggerieren, sondern permanenten Fortschritt in der Schmiede des Lebens. Nicht eine Zukunft die wir „resilient“, also duldend aushalten, sondern eine Zukunft die wir proaktiv gestalten.